Der Pressetext nennt die neue Dokumentation von Wim Wenders zunächst ...
... „eine persönliche Reise mit Papst Franziskus“ und dann gleich ein „Porträt des Papstes“. Der Film ist weder das eine noch das andere und trotzdem interessant.
Von Buenos Aires nach Rom
Wir sehen Assisi, den Heimatort des Heiligen Franziskus, nachdem sich der amtierende Papst benannt hat. Bald sehen und hören wir, wie Papst Franziskus zu uns über Armut spricht: „Wir wissen längst, wie wir die Armut besiegen könnten. Aber es geschieht nicht.“ Wir sehen nachgestellte Szenen aus dem Leben des Franz von Assisi. Dann sehen und hören wir, wie der damalige Erzbischof Bergoglio 1999 in Buenos Aires zu den Gläubigen spricht. 2013 kommt dann weißer Rauch aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle. Der frischgewählte Papst weiß wie man vor Leuten spricht. Daher beginnt er seine Antrittsrede gleich mit einem Scherz.
Wim Wenders hat bereits einige ganz besondere Dokumentationen gedreht. Mit „Buena Vista Social Club“ hat er nicht nur dieses Musikprojekt weltberühmt gemacht, sondern auch enormen Einfluss auf die Hintergrundmusik in Bars und Restaurants überall auf der Welt genommen.
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Seine Doku „Pina“ wurde sogar in 3D gedreht. So konnte das Publikum sehen, wie Tänzer sich nicht nur seitlich, sondern auch von vorne nach hinten und wieder zurück bewegen. Wenders, katholisch erzogen, ist aber auch zweifacher Ehrendoktor der Theologie. Und so trat der Vatikan an den Regisseur mit dem Angebot heran, eine Dokumentation über Papst Franziskus zu drehen. In vier mehrstündigen Sitzungen hat Wenders mit dem Papst gesprochen. Zusammen mit Material aus den Archiven des Centro Televisivo Vaticano (CTV) und den Spielszenen aus dem Leben des heiligen Franz von Assisi hat Wenders zusammen mit Cutterin Maxine Goedicke einen interessanten Film geschaffen, dessen einziges echtes Problem sein Titel ist.
„Wenig sprechen, viel zuhören, …“
Eines vorweg: Wir von cinepreview.de möchten unsere Leser möglichst objektiv über Filme informieren. Wir sind keine Theologen. Wenn im Folgenden die Aussagen des Papstes betrachtet werden, dann nur um zu zeigen, wie diese Aussagen von Regisseur Wenders in Szene gesetzt wurden. Das ist eine Filmkritik, keine Kritik am Papst oder seiner Arbeit.
Wenders nennt seinen Film „Ein Mann seines Wortes“. Im Interview bezeichnet er den Papst als „Mann, der zu seinem Wort steht“ und spricht davon, „wie mutig er ist, geradezu furchtlos“. Im Film erklärt uns der Papst, der heilige Franziskus hätte gut zuhören können. Aber im Film sehen wir den Papst niemals wirklich MIT jemandem sprechen. Er spricht immer nur ZU den Menschen. Ein echtes Gespräch, in dem Papst Franziskus vielleicht zuhören, antworten, wieder zuhören und antworten würde, bekommen wir nie zu sehen. Als ein kleines Mädchen ihn bei einem offiziellen Termin fragt, warum er Papst geworden sei, antwortet der Heilige Vater mit einem Bonmot, das die Frage des Kindes nicht wirklich beantwortet. An einer Stelle spricht der Papst davon, die Kirche müsse Frauen integrieren. Wenders zeigt uns aber in keiner Szene, was die Kirche in dieser Hinsicht verändert hat. Dafür hören wir an anderer Stelle, wie der Papst in einer Rede doch tatsächlich einen Schwiegermutterwitz bringt.
Immer wieder spricht der Papst von seiner Idee einer „armen Kirche für die Armen“. Aber die wirtschaftlichen Reformen des Papstes werden im Film gar nicht angesprochen. Wir bekommen bloß den vergleichsweise kleinen und billigen Dienstwagen von Fiat zu sehen, als wäre der nicht schon vor Jahren oft genug in den Nachrichten gezeigt worden.
Wenders zeigt uns zu den Worten des Papstes teilweise beeindruckende Bilder. Die in Schwarzweiß gehaltenen Szenen aus dem Leben des Heiligen Franziskus wirken eher ungeschickt und werten den Film nicht auf. Aber die Bilder von zahlreichen Reden und Predigten des Papstes und die Sequenzen in denen er uns direkt anzusprechen scheint, sind zusammen mit Nachrichtenbildern aus aller Welt zu einem bemerkenswerten Bilderbogen montiert worden.
Und natürlich kann man dem was Papst Franziskus in diesem Film sagt, nicht widersprechen. Wenn er im Mittelmeer ertrunkene Flüchtlinge als „Opfer einer weltweiten Ungerechtigkeit“ bezeichnet, trifft er den Nagel damit auf den Kopf. Wenn er als erster Papst immer wieder auch den Umweltschutz zum Thema seiner Predigten macht und vor dem US-Kongress eine Rede gegen den weltweiten Waffenhandel hält, stimmt man ihm vom ganzen Herzen zu.
Und wenn er betont, dass Gottes Liebe die Gleiche für alle Menschen ist, sollte sich diese wichtige Botschaft jeder sogenannte „christliche“ Politiker hierzulande auf ein Kissen sticken. Aber im Abspann liest man dann wieder den Titel „Ein Mann seines Wortes“. Und so fragt man sich, wo denn nun in diesem Film die Taten zu dem Wort zu sehen waren? Wo hat der Papst denn nun zu seinem Wort gestanden? So wie Wenders ihn uns zeigt, ist der Papst ein großartiger Redner, seinen Vorgängern in der Hinsicht sicher weit überlegen. Aber nach gut anderthalb Stunden haben wir dann doch eher einen „Mann der Worte“ als einen „Mann seines Wortes“ gesehen.
Fazit
Wenders hat hier kein Filmporträt des Papstes, sondern eine Art „Greatest Hits-DVD“ geschaffen. Das Ganze ist natürlich sehr anspruchsvoll gestaltet. Aber wie bei „Greatest Hits“ üblich, wird es doch vor allem Fans ansprechen.
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